In der Schweiz verzichten jährlich 180'000 Personen aus Kostengründen auf eigentlich notwendige Zahnarztbesuche. Wie die «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» unter Berufung auf das Bundesamt für Statistik berichten, sind darunter auch rund 55'000 finanziell schwache gestellte Personen, die auch in anderen Lebensbereichen Entbehrungen in Kauf nehmen müssen.
Die im Auftrag des Bundes und der Kantone durchgeführte internationale Untersuchung ergab für die Schweiz eine Zahnarzt-Verzichts-Quote von 20,7 Prozent. In der Studie rangiert die Schweiz gleich hinter den USA, wo sich 33,6 Prozent der Bevölkerung den teuren Zahnarzt schenkt. Besonders hoch ist der Leidensdruck in der Westschweiz. Hier verzichtet 35 Prozent der Bevölkerung aus Kostengründen auf den Zahnarztbesuch.
«Working Poor fallen in der Schweiz zwischen Stuhl und Bank», sagt der Luzerner Kantonszahnarzt Peter Suter. Diese Bevölkerungsgruppe müsse enger begleitet werden, fordert der Präsident der Vereinigung der Kantonszahnärzte.
Betroffen sind vor allem Minderbemittelte, die noch keine Sozialhilfe bekommen und denen medizinische Notfälle nicht staatlich finanziert werden. Viele würden sich über Wochen mit Schmerzmitteln behelfen und so ihre Situation verschlimmern, sagte Ramona Schäfer, Sozialberaterin bei Caritas Zürich.
Mittellosen Familien empfiehlt sie Zahnärzte, die auf Ratenzahlungen einsteigen und einen niedrigen Sozialtarif verrechnen würden. Denn nicht behandelte Zahnprobleme könnten neben Zusatzkosten weitere gesundheitliche Schäden und den sozialen Abstieg zur Folge haben, sagte die Beraterin. Mit gepflegten Zähnen seien zudem die Jobchancen deutlich besser.